11. September 2025

Warum Retentionsdächer mit Monitoring ihren Nutzen vervielfachen

Retentionsdächer speichern Regenwasser zeitweise auf dem Dach und geben es gedrosselt an die Kanalisation ab. Das reduziert Spitzenabflüsse, schützt vor Überflutung und verbessert das Stadtklima. Weil beim Retentionsbetrieb dauerhaft Wasser auf der Abdichtung stehen kann (Anstau), steigt die Anforderung an Verarbeitungssicherheit, Wartung – und an eine kontinuierliche Dichtheitsüberwachung (Monitoring).

ein begrüntes Flachdach eines Hochhauses.
© Optigrün international AG

Klimaanpassung in der Stadt

Häufigere Starkregenereignisse bei gleichzeitig längeren Trockenperioden belasten urbane Systeme:

  • Urban Heat Island (Wärmeinsel-Effekt)

  • Flächenversiegelung und hoher Abflussbeiwert

  • Überlastete Kanalisation durch Regenabflussspitzen

Retentionsdächer sind eine praxiserprobte Maßnahme im intelligenten Regenwassermanagement („Schwammstadt“), meist in Kombination mit Dachbegrünung.

Was ist ein Retentionsdach und was unterscheidet es vom herkömmlichen Gründach?

Ein Retentionsdach (auch „Blue-Green Roof“) ist ein Gründach mit zusätzlichem Rückhaltevolumen und gedrosseltem Ablauf. Es besteht typischerweise aus:

  • Vegetationsschicht/Substrat (bei begrünten Varianten)

  • Filter- und Drainageschicht

  • Retentions-/Speicherschicht mit Drossel/Regelabfluss

  • Haupt- und Notentwässerung (zwingend; Notüberläufe gegen Überstau)

Der gedrosselte Abfluss reduziert Spitzenlasten im Kanal. Die Anstauebene kann je nach System passiv (feste Drossel) oder aktiv (regelbar) betrieben werden.

Faustzahl Statik: 10 mm Wasserstand ≈ 10 kg/m² Zusatzlast.

Retentionsdächer erfordern daher eine explizite statische Bemessung des Anstauniveaus inkl. Sicherheitsreserven.

ein begrüntes Flachdach.
© Optigrün international AG
Entlastung der Kanalisation

Gedrosselte Abgabe senkt Abflussspitzen und Rückstaurisiken bei Starkregen.

01
Hochwasser-vorsorge

Geringeres Oberflächenabfließen entlastet Grundstück und Quartier.

02
Stadtklima

Verdunstungskühlung, Verdunstungsfeuchte und Vegetation mildern Hitzeinseln.

03
Biodiversität

Neue Habitate für Flora/Fauna in verdichteten Räumen.

04
Schutz der Dachhaut

Reduzierte UV-Last und Temperaturwechsel; thermische Pufferung, v. a. im Sommer.

05
Ökonomische Effekte

Potenziell niedrigere Niederschlagswassergebühren und längere Nutzungsdauer der Dachkonstruktion – bei fachgerechter Planung, Ausführung und Wartung.

06

Vorteile eines Retentionsdachs

Planung, Ausführung, Betrieb – wo Fehler entstehen

Retentionsdächer funktionieren nur im System.

Kritische Punkte sind:

  • Statik & Lasten: Bemessung des maximalen Anstaus inkl. Wasser, Substrat, Schnee, Verkehrslasten.

  • Entwässerung: Dimensionierte Hauptentwässerung und Notentwässerung/Notüberläufe; freier Zulauf, zugängliche Drosselelemente.

  • Gefälle/Anstaukonzept: Geplanter Anstau ja – ungeplanter Pfützenstand nein.

  • Abdichtung nach Regelwerk (z. B. DIN 18531 / Flachdachrichtlinie):

    • Verarbeitungssicherheit in Details (Anschlüsse, Durchdringungen, Gullys).

    • Schäden durch andere Gewerke (PV, HKLS, Geländer, Blitzschutz) sind eine Hauptursache.

  • Wartung: Regelmäßige Reinigung von Einläufen/Drosseln; Vegetationspflege; Inspektion der Notüberläufe.

  • Dokumentation: Abnahme, Fotos, Prüfprotokolle – relevant für Gewährleistung und Versicherung.

Warum Monitoring unverzichtbar ist

Sobald Begrünung, Retentionsschicht, PV oder Aufbauten vorhanden sind, ist eine Sichtprüfung der Dichtheit praktisch nicht mehr möglich. Gleichzeitig erhöht ständiges Wasser auf der Abdichtung den Schadensimpact kleiner Fehlstellen.

Monitoring löst dieses Dilemma:

  • Früherkennung (Time-to-Detection): Sensoren erkennen Feuchteänderungen in der Dämmschicht bzw. im Dachpaket. Sofort statt erst nach Monaten bei Innenraumschäden.

  • Lokalisation: Zonenweise Auswertung ermöglicht gezielte Öffnung statt großflächiger Demontage.

  • Trend & Ereignisprotokoll: Verlaufskurven zeigen, ob Feuchte stabil, zunehmend oder rückläufig ist (z. B. nach Sanierungsmaßnahme).

  • Betriebssicherheit im Retentionsmodus: Abgrenzung zwischen „normalem Anstau von oben“ und Schadfeuchte im Aufbau.

  • Schnittstelle FM/BMS: Alarme, Tickets und Instandhaltungs-Workflows lassen sich digital anstoßen.

Wichtige Einordnung

Monitoring ersetzt nicht die Pflicht zu Wartung, Reinigung und regelkonformer Entwässerungsbemessung.

Es reduziert die Time-to-Detection drastisch und verhindert Folgeschäden, bleibt aber keine aktive Entwässerung.

Option „Smart Blue Roof“: In aktiven Systemen kann eine regelbare Drossel mit Wetterdaten verknüpft werden (präventives Absenken des Anstaus vor Unwettern). Das ist zusätzlich zur Feuchteüberwachung und je nach Objekt sinnvoll.

Flachdach begrünt, bekiest und sensorüberwacht.

Betrieb & Kosten – realistische Erwartungen

  • Mehrkosten in der Herstellung durch Retentions- und Vegetationsaufbau sowie Drosselelemente.

  • Planungsaufwand (Statik, Entwässerung, Brandschutz, Arbeitssicherheit).

  • Wartungs- und Monitoringkosten sind planbar und meist geringer als Spätschäden durch unerkannte Undichtigkeiten.

  • Gebühren- & Mehrwertargument: Niederschlagswassergebühren, Klima- & Biodiversitätsziele, Werterhalt.

Retentionsdächer

Retentionsdächer sind ein zentraler Baustein der Klimaanpassung im urbanen Raum: Sie dämpfen Abflussspitzen, verbessern das Mikroklima und fördern Biodiversität.

Die Kehrseite – dauerhafte Wasserlast auf der Abdichtung – macht Monitoring zur Pflicht, wenn Lebensdauer, Gewährleistungssicherheit und gezielt niedrige Time-to-Detection erreicht werden sollen.

Smarte Monitoringsysteme überwachen den Dachaufbau dauerhaft, dokumentieren objektiv und ermöglichen frühe, punktgenaue Instandsetzung – so wird das Retentionsdach zum langfristig sicheren und ökologisch wirksamen Flachdachsystem.

Monitoring

Was meldet das Monitoring konkret?

  • Anstieg der Feuchtewerte in definierter Zone

  • Überschreitung frei definierter Grenzwerte

  • Trendberichte (nach Regenereignissen/Sanierungen)

  • Schnittstelle zu E-Mail/BMS-Tickets

Was meldet es nicht?

  • Verstopfte Gullys/Drosseln ohne Feuchtefolgen im Aufbau (Sichtprüfung/Wartung notwendig)

  • Statik-/Brandschutzmängel (Planungs-/Abnahme-Themen)